GUTE NACHT 2005

Mein lieber Scholli!!! Schon wieder ein Jahr um!!! Was soll ich groß dazu schreiben?! Ein schreibfauler und einfallsloser blogger wie ich;)
Sylvester ist rein medientechnisch der schlimmste Tag des Jahres. Wo sind die schönen Zeiten, als nur unser „Wer wird Millionär“-Günther und unser Biolek-Verschnitt Johannes B. Kerner, die Jahresrückblicke auf dem öffentlich rechtlichen und unserem allseits geliebten trash-Sender RTL moderierten. Tja Freunde, die Zeiten sind lange vorbei, sowie das Jahr 2005 morgen Abend sein Ende finden wird.
Die Medienhaie haben Blut geleckt und das Prinzip verstanden. Sie zeigen uns auf jedem Sender zur Prime-Time das Skurrilste, Witzigste, aber vor allem das Schlimmste aus 2005. Sinn der Sache?! Ganz klar: indem wir mit dem Schlimmsten aus dem laufenden Jahr konfrontiert werden, setzen wir die Latte für das nächste Jahr ganz weit nach unten. Hey, wir haben ne Frau aus dem Osten zur Kanzlerin geschlagen, deren Partei davon ausgeht, sie habe mehr Eier in der Hose als unser Altkanzler, wir haben eine große Koalition (?!?!?!), wir haben den „Papst der Herzen“ seinem Chef übergeben, wir haben Desiree Nick zur Dschungelkönigin gekürt, Sonja Zietlow als Moderatorin akzeptiert, Seifenopern durch Telenovelas ersetzt, Moderatoren mit Toret-Syndrom einen Arbeitsplatz bei 9 Live gesichert, ein Herz für „Superstars“ gezeigt…ja selbst der Walter vom Harry Wejnefort hat wieder einen job und zwar bei HSE 24.
Eigentlich ist der Mensch sehr klug erbaut worden. Er verdrängt negative Vorkommnisse aus dem Bewussten ins’ Unterbewusste. Aber wenn der richtige Knopf aktiviert wird, dann melden sich die Erinnerungen zurück, und das passiert bei diesen Shows. Die Erwartungen, die wir 2006 in die Politiker und das Fernsehen setzen sind nicht annähernd so groß, wie die wir an uns selbst stellen. Aber jetzt, wo wir sie durchschaut haben, können wir uns diese Shows mit klarem Kopf ansehen und zu uns selbst sagen:“ Nein RTL. Darauf falle ich nicht rein. Ich beobachte euch im nächsten Jahr genau und wenn mir auffällt, dass ihr da noch mehr Müll als im Vorjahr ausstrahlt dann schalt ich aber auf RTL 2 um! So!“… Hey, wir sind doch schließlich Deutschland, wir sind der Baum, die Hand, die Nase vom Gottschalk, wir sind super!!! Und diese Kampagne trifft einen zweiten Nerv bei mir:
Was mich 2005 am meisten auf die Palme gebracht hat, war dieser Mist mit „Die Deutschen jammern nur“, „Jetzt wird schon über das Jammern gejammert“ usw. Ich konnte es nicht mehr lesen oder hören. Es ist ein fataler Fehler, die Bürger eines Landes auf so einen Blödsinn wie auf ihr Jammern aufmerksam zu machen. Das ist so, wie wenn man einen kleinen „Sprachfehler“ hat und beim hektischen erzählen zwischen jeden zweiten Satz ein „ ...und sie so…und ich so…und sie so…“ einbaut und dein Zuhörer macht dich darauf aufmerksam. Was passiert dann?! Man wird unsicher. Man erzählt nicht mehr flüssig und leidenschaftlich, man stockt und konzentriert sich wie gebannt darauf, andere Überleitungen zu finden. Und wenn es einem wieder rausrutscht…dann wird gelacht und sich auf die Schenkel geklopft und herzlich aber überlegen mit dem Kopf geschüttelt. Dabei ist das doch nicht schlimm. Mich interessiert doch nur der Inhalt und nicht ob er rhetorisch perfekt verpackt ist. Sollen wir also unseren Ärger runterschlucken und ihn anders kompensieren. Vielleicht sollten wir so Kabbala-Balla wie Madonna werden, Atemübungen machen und uns neue Namen geben…ja genau, dass wäre die Lösung! Dann sind wir jemand anders und haben nicht mehr die selben Probleme!
Ich bin mir mehr als sicher, dass man in Frankreich genau soviel jammert oder nicht jammert wie hier. Ich möchte den Franzosen sehen, der in diesem Jahr Blümchen-sträuend durch die Straßen hüpfte und mit der politischen Lage, sowie seinem angezündeten Auto zufrieden war. Der Unterschied ist nur, die lieben sich selbst viel zu sehr, als das sie sich kritisieren würden. Oder die Briten! Ich möchte mal einen treffen der mir sagt: „Man ich liebe das Wetter in England!“ Aber von uns wird das verlangt. Sollte es nicht bitte im Ermessen eines jeden Bürgers dieses Landes liegen, ob er mit seinem job zufrieden ist, mit seinem Arbeitslosengeld, mit dem Wetter in Deutschland, mit dem Euro, mit dem verschwindenden Genitiv oder mit den Benzinpreisen. Was zum Henker soll das? Wenn ich jammern will, dann mach ich das und dann hab ich auch einen Grund. Und wenn jemand über mein jammern, jammern will, dann ist selbst das ein Grund und man sollte ihn lassen… doch er soll es bitte nicht drei Wochen lang zum Hauptthema bei RTL-Aktuell machen.
Und was hat uns dieser Mist eingebracht?! Eine Kampagne in der uns Schuhmacher, Jauch, Pocher und Co. motivieren wollen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Sie wollen uns glauben machen, wir haben alle dieselben Chancen und es wären so viele Optionen offen, die wir nicht sehen würden, weil wir mit dem Gesicht zur Wand stünden. Hey bitte! Wir sind doch hier nicht bei “Alice im Wunderland“ oder beim „Zauberer von Oz“. So einfach ist das Leben leider nicht. Aber so ist es und wir akzeptieren es. Es gibt halt Menschen die schaffen es ihren Traum zu leben, andere werden mit dem goldenen Löffel im Hintern geboren und es gibt andere, die hätten es mehr verdient, aber die müssen sich so durchschlagen. Und all die Bundesbürger, die zu der dritten Gattung gehören (und ich lehne mich ganz weit aus dem Fenster wenn ich behaupte, dass sind die meisten) die haben auch mal das Recht leise oder laut zu jammern. Wenn es ihnen den Frust nimmt und sie davon abhält in der Arbeit den Chef zu erschießen, dann lasst sie jammern. Das darf jeder, macht jeder und soll auch jeder.

Ja jetzt geht’s mir besser und ich gehe erleichtert in das neue Jahr. Ich freue mich schon sehr auf morgen und das Feiern mit meinen Freunden.

An alle blog-Besucher: Kommt gesund und gut betrunken in das neue Jahr. Lasst das Auto zu Hause. Tanzt, Lacht, Feiert, vergießt Tränen und jammert ruhig wenn die party auf der ihr seid scheiße ist.;) Ich wünsche euch das Beste 2006, dass je da war und je kommen wird. Bleibt dieser Seite treu und falls ihr ohne Freund (in) feiert, bleibt auch ihm/ihr treu. Mehr gute Ratschläge und Wünsche kann ich euch nicht mit auf den Weg geben.

Gute Nacht 2005. Guten Morgen 2006.

Eure Katrin